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Wir haben am 17.01.2020 gemeinsam mit euch ein Deutlich sichtbares Zeichen gesetzt! ?️? Denke an die vielen vielen tollen Helfer*innen ❤️?
Wir sind Magdeburger Community!
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Bericht von Dennés Deichsel
Ein Mann, 1000 bunte Taten
Freitag, der 17.01.2020, in Magdeburg gehen tausende Bürger und Bürgerinnen auf die Straße um den dortigen Aufmarsch der Rechten zu erschweren oder gar zu verhindern. Unterstützt und gesichert wird der Abend durch mehrere hunderte Polizeibeamte aus Magdeburg und Umland.
Umringt von unzähligen Menschen steht Falko Jentsch, Leiter des CSD-Magdeburg e.V, mit seinen Vereinskollegen auf der Kreuzung, Ernst Reuter Allee und Breiter Weg. Sie bilden einen Kreis aus ca.1200, bunten Luftballons, die den Regenbogen darstellen sollen um ein Zeichen für Vielfalt und Solidarität zu zeigen. Später am Abend, als der “rechte Trauermarsch” die Kreuzung überquert wird dieser von Lady Gaga und Madonna übertönt. Obwohl Falko Jentsch angespannt wirkt strahlt sein Gesicht, weil die geplante Gegendemonstration so gut geklappt hat.
Mein Tag beginnt um 8 Uhr früh, zu früh für mich. Da ich selber Mitglied und Beauftragter im CSD-Magdeburg bin treffe ich mich nach kurzer Absprache mit Falko am CSD Büro. Ich stehe auf der Ecke der Kreuzung, Ernst Reuter Allee und Breiter Weg, an der “Mc Donalds Uhr”. Es dämmert schon aber es ist kalt und die Müdigkeit liegt mir noch in den Knochen. Zu dieser Zeit sieht man allerhand verschiedenste Leute, die anscheinend alle zur Arbeit eilen. 08:15 erscheint er dann aus der Menschenmenge, Falko Jentsch, schon aus der Weite hört man ihn sich für die kleine Verspätung zu entschuldigen. In seiner linken Hand hält er zwei Kaffeebecher, mit der rechten sucht er den Türschlüssel in seiner Jackentasche. Er erklärt sich erneut das er leicht verspätet ist und und drückt mich kurz zur Begrüßung. Wir gehen die große Steintreppe zum Büro hoch und mit seiner quirligen Art fängt er auch gleich ein entspanntes Gespräch an. Im Büro angekommen stelle ich ihm ein paar Fragen zum Ablauf des Tages und er sagt das wir ein paar Wege zu erledigen haben, bis es dann 18 Uhr soweit ist.
Nach Kaffee und einem kleinen Frühstück geht es auch schon los. Zuerst geht es zur Versammlungsbehörde um die allerletzten Details mit den der zuständigen Beamtin durchzusprechen. Nach der 10 minütigen Autofahrt zur Sternstraße sind wir auch schon da. In der Behörde angekommen fragt uns der Wachmann schon fast militär autokratisch nach Anliegen und Ausweisen. Nachdem wir uns dann mit Passierscheinen ausgestattet haben, dürfen wir uns durch die unzähligen Gänge, Flure und Treppen einer deutschen Behörde bewegen, letztlich kommen wir am gewünschten Zimmer von Frau Tiedtke-Jahr, der Zuständigen Beamtin, an.
Nach einem kurzen Gespräch, wo wir eigentlich nur das Finale “OK” und die Info das wir die Kreuzung ab 19 Uhr alle 30 Minuten sperren dürfen bekommen, verlassen wir das Büro. Falko sagt nur “deutsche Behörden”, ein Ironischer Unterton ist zu vernehmen.
Wieder im Auto fahren wir weiter nach Barleben. Dort wollen wir bei einer Beschilderungs Firma Schaftrohre (Schilderstangen) und die dazugehörigen Füße abzuholen. Auf der Fahrt frage ich was und wo er beruflich tätig ist. Er antwortet, dass er Vertriebler für MSR (Heizungs, Klima und Lüftung – Steuerungstechnik) ist und witzelt das sein Auto mehr weniger sein Arbeitsplatz ist, weil er oft zu seinen Kunden rausfahren muss. In Barleben angekommen grüßt er den Betreiber der Firma, sie kennen sich, da er auch andere CSD-Aktionen mit Schildern und Zäunen ausgestattet. Daraufhin laden wir die Stangen und Füße, á 10 Stück, (pro Fuß = 30 kg) ins Auto ein und fahren zurück nach Magdeburg.
Auf der Rückfahrt ergänzt Falko, da der CSD für ihn zwar kein Beruf ist aber eine Art Berufung, die einen Großteil seiner Freizeit in Anspruch nimmt. Er gibt diese Zeit aber gerne um für den Kampf “unserer und seiner Rechte und Akzeptanz”. Seiner Aussage entnehme ich eine gewisse Leidenschaft und Inspiration für das Thema. Ich denke darüber nach, dass ein Beruf nicht gleich eine “Berufung” ist und wie viel Zeit tatsächlich für eine solche Vereinsführung draufgeht. Falko Jentsch vollführt ein Glanzstück mit Erfolg im Berufsleben und der freiwilligen Vereinsarbeit im CSD Magdeburg und CSD Deutschland. Ein richtiger Workaholic.
Zurück im Büro laden wir das Auto wieder “kurzerhand” aus und bestellen uns zum Mittag eine Pizza ins Büro. Ich frage wann er dem CSD beigetreten ist, er antwortet, dass er seit 2013 dabei ist. Lachend beschreibt Falko, dass er damals bei der ersten Schwulen und Lespen Demo in Magdeburg vom Demowagen gefallen ist. Seit dem steckt der CSD ihm in den Knochen. Zu meiner Verwunderung ergänzt er das er seit 2014 im Vorstand tätig sei. Ich hinterfrage diese schnell aufsteigende Entwicklung innerhalb des Vereins. Er sagt: “Ich wollte Veränderung und Erneuerung herbeiführen und den Verein offener ausrichten, um ein besonders gutes Miteinander zu erreichen”. Er stieß damals auf harten Widerstand, den er energisch und mit viel Kraft überwunden hat und so den Verein zu dem gemacht was er heute ist Er weist zweideutig auf die Flasche Sekt auf dem Tisch. Ganz klar ein weiterer Scherz. “Humor ist mir wichtig.” sagt Falko. Insgesamt lachen wir viel gemeinsam an diesem Tag.
Als es dann wieder dämmert und die Sonne langsam untergeht, kommen die ersten weiteren Vereinsmitglieder um beim Aufbau und Organisation zu helfen. Insgesamt müssen 1200 bunte Luftballons von ca. 30 Leuten aufgepustet werden, eine ganz schöne luftraubende Angelegenheit. 19 Uhr ist es dann soweit. Die Luftballons werden aneinander geschnürt und als 80 Meter, im Umfang großen Kreis auf der besagten Kreuzung aufgebaut. Zudem beschallt der CSD mit typisch “queerer” Musik (Lady GAGA, Madonna, Sarah Conner und co.) die Innenstadt um den Alten Markt. Ich sehe wie sich Demonstranten und Polizei miteinander friedfertig begegnen. Manche der Polizisten schwingen zur Musik mit und man sieht das diese Demonstration auch für die Beamten eine andere als sonst ist. Kurz vor 21 Uhr häufen sich die Einsatzkräfte und es entsteht ein Meer aus Menschen, Disco Musik und flackerndem Blaulicht. Ein fast schon bizarres Bild, da es keine Auseinandersetzungen gibt ergibt sich. Letztlich marschieren die “faschistische, braune Masse” an uns vorbei. Es entsteht eine angespanntere Stimmung. Doch letztlich freut sich jeder darüber, dass die Musik des CSD und die Rufe “Nazis raus” die rechte Demo dermaßen übertönt, sodass man sie gar nicht mehr hören kann. Zum Schluss bedankt sich Falko Jentsch über Mikrofon bei allen Beteiligten. Danach wird abgebaut und noch etwas im privaten Kreis gefeiert. Mein Tag jedoch endet hier, es hat mir viel Spaß bereitet Falko einen Tag begleiten zu dürfen.
Mein Fazit ist, dass Vereine und solche Aktionen nur mit Hilfe von Menschen, wie Falko Jentsch es ist, realisierbar sind. Es gehört sehr viel mehr dazu als nur Courage und Engagement. Falkos leidenschaftliche Einsatzkraft, die ich als Beispiellos bezeichne macht den gewöhnlichen Vertriebler zu einem außergewöhnlichen Bestandteil unserer Gesellschaft.
Beitrag: Dennés Deichsel
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